Grenzmomente…

Ein verwirrter , verschwommener Blick…

Ein tiefes Einatmen…

Wo bin ich?….

Was ist geschehen?….

Der Geruch von Benzin und verbranntem Gummi…

Ein taubes Gefühl…

Leichter Muskelkater ähnlicher Schmerz…

ZURÜCK ZUR REALITÄT….

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Wow verflucht was war das? Ich sehe mich um , liege hinter der Leitplanke auf dem Boden und versuche klar zu werden.  Mein Motorrad liegt unter der Leitplanke eingeklemmt total zerstört. Scheisse das schöne Bike… kaputt … verflucht. Ich ärgere mich… Wie kommt es dort hin?

Erinnerung kehrt zurück… ein Sturz… Verdammt da ist wohl was schief gelaufen…

Im Tiefflug die Kurve genommen, MOMENT da ist bzw. war Schotter und Kies auf der Fahrbahn. Das Hinterrad ist weg gerutscht… konnte es noch einfangen aber dann ist mir die Kurve ausgegangen. Also bin ich abgesprungen um nicht mit dem Bike in die Leitplanke einzuschlagen…

Der Moment der Realisierung… Ich lebe…. verdammt ich hab echt einen Schutzengel.

Ich versuche mich genau zu erinnern was passiert ist… es gelingt nicht… die Erinnerung ist verschwommen nahezu ausgelöscht….

Ich erinnere mich nur an eines…. einen Moment indem die Zeit stillstand… einen Moment im Zeitraffer… meine Bewegungen und Reaktionen so unendlich langsam als ob ich mich selbst von außen sehe… ein surrealer Moment unendlich langsam und rasend schnell gleichzeitig…

So langsam das man realisiert das wird nichts mehr… aber so schnell das keine Sinnvolle Reaktion mehr erfolgen kann….. Ich höre meinen Herzschlag quälend langsam sehe die Leitplanke merke mein Motorrad unter mir wegrutschen…

…Du musst abspringen sonst fliegst du mit 90 Sachen in die Leitplanke…  tiefes Einatmen..

…loslassen… abstoßen … runter rollen… was es davon war keine Ahnung, aber es hat gewirkt…ich rutsche ohne Motorrad mit dem Helm über den Asphalt…komfortabel der Helm , selbst in dieser Situation… ein komisches Gefühl…Galgenhumor im wahrsten Sinne des Wortes… kann mich im Rutschen aufrichten …drehe mich um die eigene Achse und titsche leicht mit dem Rücken auf der Leitplanke auf und lande dahinter im grünen … AUSATMEN…angenehm weich das Gebüsch…Entspannung …. neben mir kratzt und scheppert es während mein Motorrad versucht unter der Leitplanke durch zu kommen…

Ich rieche wieder das Benzin… der Dämmerzustand endet… ich steh auf … ich bin voll da.

Be Prepared

Mei Herz rast, 400 Puls vielleicht? Keine Ahnung , ich spüre jeden noch so kleinen Nerv und Muskel meines Körpers alle sind zur Höchstleistung bereit und angespannt. Ich schalte das Motorrad am Notschalter aus. Der Motor stirbt mit einem Wimmern ab.

Derweil fährt das 20. Auto vorbei. Niemand interessiert, dass hier gerade fast jemand gestorben ist. Ignoranz? Angst? Genugtuung? Der böse Raser hat bekommen was er verdient? Weit gefehlt, über dem Tempo Limit war ich in diesem Fall nicht. Es war ein dummer Fahrfehler. Für den ich nicht unbedingt was kann. Schotter in der Kurve wer hätte das auf dieser schönen sauber asphaltierten Straße erwartet? Niemand. Genauso die Reaktion… Niemand. Ich setze mich auf die Leitplanke , ziehe meinen Helm aus… der Helm sieht übel aus scheinbar hab ich mit dem Gesicht auf dem Asphalt gebremst… wie soll das gehen? Erst über den Asphalt dann abgehoben und über die Leitplanke? Merkwürdig… naja wen juckts zumindest lebe ich.

„Alles okay?“ verwirrt sehe ich mich um eine junge Frau mit 2 kleinen Kindern im Auto hält am Rand der Kurve an. „Ja alles okay ich lebe.“  Man nach 50 Autos hält ausgerechnet eine junge Frau mit Kindern an? Für Sie ist es doppelt gefährlich in der Kurve anzuhalten… was ist wenn Ihr jemand rein fährt? Genug Platz ist zwar in der Kurve aber wer weiss… „Fahren Sie besser weiter bevor Ihnen noch jemand rein fährt!“ Ich will nicht das noch mehr passiert…. „Soweit kommts noch, und sie hier sitzen lassen?!“… Die Frau steigt aus fummelt am Kofferraum… Fahrradträger mit Kinderrädern im Weg… geht nicht auf…“Kann ich Ihnen helfen?“… irritiert drehe ich mich um, eine Frau kommt mit einem Hund durchs Unterholz… Wo kommt die denn her?…“Ich habe den Einschlag bis raus aufs Feld gehört… Respekt…ein leichtes Grinsen kann ich mir nicht verkneifen… wieder Galgenhumor?… „Sie haben nicht zufällig ein Warndreieck dabei?“  Die Frau lächelt, ich glaube Sie ist froh das mir nichts fehlt… ein merkwürdiges Gefühl… Sie kennt mich nicht und scheint trotzdem erleichtert … sehr sympathisch… Ein Mann hält vor dem Auto der anderen Frau… „Alles in Ordnung?“  Er steigt aus…. „Moment ich hole ein Warndreieck!“  Er holt es aus dem Kofferraum und läuft das Dreieck über dem Kopf an der Leitplanke entlang vor die Kurve … ich sehe Ihn nicht mehr… es ist mir auch egal … der Schmerz kehrt zurück wie ein Ganzkörperkrampf… „Brauchen Sie einen Krankenwagen?“ … ich taste mich ab… „Nö mir geht’s gut, bin weich gelandet!“ … Danke Mutter Natur… „Da haben Sie aber Glück gehabt, ich bin auch Motorradfahrer!“ … Der Mann ist zurück… „Danke, dass Sie beiden gehalten haben.“ …Diverse Autos fahren vorbei alle gaffen blöd wie Affen im Gehege durch ihre Scheiben…

„Lass uns den Hobel aufrichten . Ouh den hats aber Bös erwischt!“… Streu ruhig Salz in die Wunde…

Ein bisschen heben und zerren, dass Motorrad kommt unter der Leitplanke hervor und steht. Sieht noch schlimmer aus. Leitplanke ist unbeschädigt…komisch… tatsächlich ist die Maschine sauber drunter gerutscht und nichts weiter passiert…Wir schieben das Motorrad die Straße rauf auf einen Parkplatz. Der Mann und die beiden Frauen versichern sich noch einmal, dass es mir gut geht und fahren bzw. gehen alle ihrer Wege.

Danke an meine Unbekannten Helfer… Ich kann einen Freund anrufen der mit mir auf meinen Vater wartet… mein Vater kommt nach einer Stunde mit nem Hänger und wir fahren das Motorrad zu meinem Händler…

„Gut das dir nichts passiert ist.“ Mehr sagt er die ganze Fahrt über nicht… nachdem das Motorrad abgeladen ist ab nach Hause zu meinen Eltern und aufs Sofa… Meine Mutter und mein Vater sehen mich an… meine Schwester kommt dazu alle schauen sie mich an… Sie sind froh… Meine Mutter sieht meinen Vater  vorwurfsvoll an  „Ich sag dazu nichts … wenn ich jetzt was sage lege ich mich morgen selbst mit dem Motorrad hin… es ist und bleibt eben gefährlich da hilft kein Gerede.“ rechtfertigt er sich.  Meine Freundin hab ich per Whatsapp beruhigt, Sie ist in Irland… Meine Mutter schaut mich besorgt an… „Ich brauche ein neues Motorrad.“  Sage ich zu Ihr und lächel sie an… sie schaut für einen Moment als hätte ich Sie geschlagen.. dann verdreht  Sie die Augen und alle lachen…

 

 

Das waren meine Erlebnisse. Mein Fazit daraus? Keine Ahnung! Man kann nicht immer alles vorhersehen. Motorrad fahren ist und bleibt gefährlich. Man kann mit etwas Verstand vorrausschauend fahren und so viele Eventualitäten wie möglich ausschließen.

 

Meine Tipps an die Motorradfahrer… fahrt vorsichtig… versucht abzuspringen wenn ihr merkt das wird nichts mehr. Vor einer Kurve seht ihr selten was danach kommt. Manchmal sieht man nicht einmal was IN der Kurve kommt. Also immer angepasst fahren.

 

An alle Autofahrer oder Passanten… Fragen kostet nichts… anhalten auch nicht… helfen auch nicht… vielleicht ein wenig eurer Zeit. Immerhin rettet Ihr vielleicht jemandem das Leben. Eine Einstellung wie: „ Der hats verdient.“ Oder dergleichen verbietet sich. Ihr wart in der Sturz Situation nicht dabei Ihr wisst nicht ob es ein böser Raser ist oder was weiss ich was. Ich halte immer. Vielleicht seit IHR das letzte Gesicht was jemand der einen Unfall hatte sieht. Aber glaubt mir das ist allemal besser als alleine im Dreck zu liegen. Jeder braucht mal Hilfe irgendwann. ALSO HALTET AN UND WENN IHR NUR KURZ FRAGT.

 

Ich kenne bis heute keine Namen meiner Helfer. Trotzdem bin ich Ihnen dankbar, genauso danke ich meinem Schutzengel. Denn so ganz ohne Beistand kann das nicht abgelaufen sein.